Eine gesundheitsfördernde Stadt bleibt trotz ständiger Veränderung zugänglich und finanziell erschwinglich, mit Quartieren, in denen unterschiedliche soziale Milieus neben- und miteinander leben.
Veränderungen im Stadtbild dürfen nicht zur Vertreibung des „Althergebrachten“ führen, sondern sollten gewissenhaft kulturelles Stadtteilerbe in Verbindung mit neueren Einflüssen bringen. Damit kann die Identifizierung mit dem eigenen Stadtteil aufrechterhalten und gefördert werden.
Die Identifizierung mit dem eigenen „Kiez“ ist ein gemeinschaftsstiftender Faktor, der den sozialen Zusammenhalt und das Zugehörigkeitsgefühl der alteingesessenen und neu zugezogenen Anwohner*innen fördert.

Wirtschaftliches Handeln ist der wesentliche Motor der Stadtentwicklung. Private und öffentliche Investitionen schaffen Raum zum Arbeiten, zum Wohnen, für Alltag, Freizeit und Konsum. Die zweite Hälfte des 20. Jahrhundert war in Europa gekennzeichnet durch die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft und des Wohlfahrtsstaates, durch die Raumangebote für alle Milieus sozialverträglich zur Verfügung gestellt werden sollten. Seit den 1980er Jahren wurde die staatliche Produktion von urbaner Infrastruktur und Wohn- und Gewerberaum zunehmend kritisiert und privaten Entwicklern und Bestandshaltern übertragen. Zudem haben sich in den letzten zehn Jahren der Erwerb und der Handel mit urbanem Grund und Immobilien als ertragreiches Investitionsmodell etabliert und zur Entwicklung von entsprechenden Finanzmarktprodukten geführt.

Die Folge ist eine umfassende Finanzialisierung des Wohnens in europäischen Metropolen. Finanzialisierung ist als Machtverschiebung von der Realwirtschaft zum Finanzsektor zu begreifen. Die damit einhergehende gewinnerwartende Aufwertung der Immobilien führt jedoch zur Verdrängung von bestimmten Einkommensgruppen in bestimmten Quartieren. Die damit einhergehende Gentrifizierung wird in der kritischen Stadtforschung mittlerweile als globaler Modus der ökonomischen Akkumulation analysiert.

Zunehmende Wohnungsnot sowie die Sorge um Wohnungsverlust bzw. Umzug steigern Existenzängste und haben damit einen negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit der Stadtbewohner*innen.

Diese Gentrifizierung bedeutet dann auch die Segregation urbaner Milieus, insbesondere die Vertreibung geringerer Einkommen aus dem Zentrum und zentrums-nahen urbanen Gebieten, welche in vielen deutschen Städten weit vorangeschritten ist. Derartige soziale Entmischung führt in Städten zu Veränderungen im Zugehörigkeitsgefühl zu einer sozialen Gruppe.

Eine Vielzahl von Studien bewertet die Gentrifizierung und Segregation aus soziologischer und humangeographischer Sicht als den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdend. Es wird davon ausgegangen, dass sowohl zunehmenden Wohnungsnot, die Angst vor Wohnungsverlust bzw. Umzug sowie die soziale Entmischung und Segregation der Städte einen Einfluss auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung haben. Dieser Prozess der Verdrängung bzw. der erschwerten Teilhabe an zentralen städtischen Angeboten hat Auswirkungen auf die Resilienz der Stadtbewohner*innen. Unter dem Eindruck aktueller urbaner Transformationen spielt also das Verhältnis von Einkommen zu den Kosten für Wohnung und Lebenshaltung eine zunehmende Rolle für die seelische Gesundheit.

Wenn Wohnungseigentümer*innen und Mieter*innen sich weniger verantwortlich gegenüber ihrem Eigentum oder dem eigenen Stadtteil fühlen, mindert dies die erfahrene Selbstwirksamkeit und den persönlichen Willen zur Teilhabe am städtischen Geschehen.