Wie wir in den Städten leben, ist gestaltbar und nicht das Ergebnis einer unausweichlichen Urbanisierungsdynamik. Ob Wohnen erschwinglich ist, ob Städte in wohlhabende und prekäre Stadtquartiere zerfallen, ob Straßenlärm und Luftverschmutzung hingenommen werden, ob Durchgangsstraßen die Städte zerschneiden oder ob sich Mobilität in Städten dem Primat des privaten Autoverkehrs unterordnen muss, kann von den Städten und Stadtgesellschaften beeinflusst werden. Dabei gehen die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Städten und der Beitrag der Städte für die globale Transformation zur Nachhaltigkeit Hand in Hand. Städte sind eingebunden in eine Hierarchie von Regierungsebenen und Zuständigkeiten. Sie sind vielfach finanziellen Zwängen und unkontrollierten Dynamiken ausgesetzt, die ihre Steuerungsfähigkeit begrenzen.
Es besteht die Forderung einer Stärkung und Mobilisierung der Stadtgesellschaften selbst: Diese müssen in die Lage versetzt werden, ihre Interessen wirkungsmächtig geltend zu machen. Im Zuge der Digitalisierung wird vielfach davon ausgegangen, dass Beteiligungsprozesse transparenter, schneller und kostengünstiger zu gestalten wären und somit in größerer Anzahl zum Einsatz kommen würden. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass Transformationsprozesse entsprechend den Bedürfnissen der Bürger*innen langfristig geplant und durchgesetzt werden können.
In Deutschland widmet sich der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in besonderer Weise diesem Thema und hat in seiner beratenden Tätigkeit einen normativen Kompass für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen entwickelt. Wesentliche Ziele sind die Einhaltung globaler Richtwerte für Klimaerwärmung, Bodennutzung, biologische Vielfalt sowie der Erhalt und Ausbau der „Eigenart“ — verstanden als soziokulturelle und räumliche Diversität von Stadt und Stadtgesellschaft.
Aus Sicht der Neurourbanistik ist politische, administrative, ökonomische und kulturelle Teilhabe der Stadtbewohner*innen Voraussetzung für Selbstwirksamkeitserleben und Aneignung des urbanen Lebensraums. Selbstwirksamkeitserleben ist ein zentrales Element psychischer Resilienz und trägt zu psychischer und physischer Gesundheit bei – inneren und äußeren Stressoren zum Trotz. Stadtplanung kann durch die Beeinflussung von Partizipations- und Aneignungsprozessen auf Regierungs- und Gestaltungsebene das Wohlbefinden der Bevölkerung fördern. Aufwand und Kosten für Elemente des „Mit-Regierens“ sind zwar höher, diese Mehrkosten können aber durch die präventive Wirksamkeit auf stressabhängige psychische Erkrankungen bei der Stadtbevölkerung ausgeglichen werden.
Grundvoraussetzung einer Stadt ist es, urbane Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse nahe an und mit den Menschen auszurichten. Verwaltungs- und Regierungsprozesse in Kommunal- und Regionalverwaltungen sollten daher auf den Aufbau selbstwirksamen Handelns ausgerichtet sein.